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Bild 1: Objektiv 5,6/400mm Als Teleobjektiv bezeichnet man im physikalisch korrekten Sinn Objektive mit einem Bildwinkel, der kleiner ist als der eines Standardobjektivs, d.h. mit einer Brennweite von mehr als 50 mm beim Kleinbildformat. Der Sinn von Teleobjektiven liegt einerseits darin, entfernte Dinge wie mit einem Fernglas so zu vergrößern, daß sie formatfüllend auf dem Foto erscheinen. Andererseits verdichten Teleobjektive die räumliche Darstellung, d.h. hintereinanderstehende Objekte erscheinen dichter zusammenstehend als es wirklich der Fall ist. Weiterhin ist bei ausreichender Lichtstärke der Schärfentiefebereich so gering, daß man Objekte hervorragend freistellen, d.h. den Bildhintergrund in Unschärfe versinken lassen kann. Nachfolgend erfahren Sie, welche Arten von Teleobjektiven es gibt, wie man sie einsetzt und welche Probleme es hierbei gibt.
Umgangssprachlich bezeichnet man beim Kleinbildformat alle Objektive mit einer Brennweite von mehr als 50 mm als Teleobjektive. Dies ist zwar auch überwiegend richtig, jedoch ist die Bezeichnung Fernobjektiv für solche Objektive als Oberbegriff treffender. Abgesehen von Sonderkonstruktionen sind Objektive aus einleuchtenden Gründen genauso lang wie ihre Brennweite. Bei einem 200-mm-Objektiv wären das immerhin 20 cm, also ziemlich lang und damit unhandlich. Genaugenommen muß man davon das Auflagemaß der Kamera, d.h. den Abstand vom Film bis zur Bajonettvorderkante, abziehen. Die als Teleobjektive bezeichnenten Fernobjektive sind so konstruiert, daß sie ein gutes Stück kürzer als ihre Brennweite sind. Dies erreicht man salopp gesagt durch einen eingebauten Telekonverter, d.h. das Objektiv besitzt eigentlich eine etwas kürzere Brennweite, wobei ein optisches Element im Hinterlinsenbereich das Bild etwas vergrößert, was wie eine Verlängerung der Brennweite wirkt. Dies ist bis auf wenige Ausnahmen gängige Praxis.
Bei den Festbrennweiten gelten Objektive mit 85, 100 und 135 mm Brennweite als leichte Teleobjektive. Ein 100-mm-Objektiv bildet bei gleichem Abstand Objekte doppelt so groß ab wie ein 50-mm-Standardobjektiv. Objektive mit 200 und 300 mm gelten als "richtige" Teleobjektive. Bei 400 mm und mehr spricht man von Superteleobjektiven. Üblich sind hier 500 und 600 mm, manchmal auch noch 800 mm. Noch längere Brennweiten sind sehr selten.
Eine geraume Zeit waren Spiegellinsenobjektive in Mode. Sie sind wie ein Spiegelteleskop aufgebaut, d.h. besitzen einen spärisch oder seltener parabolisch gekrümmten Spiegel, der das Licht nach vorne reflektiert, von wo aus es wiederum nach hinten in die Kamera reflektiert wird. Dem Vorteil der durch die Faltung kurzen Baulänge stehen einige Nachteile gegenüber: Spiegellinsenobjektive sind extrem streulichtanfällig, besitzen eine feste Blende ohne Möglichkeit zum Abblenden und geben Spitzlichter im Unschärfebereich als auffällige helle Kringel wieder. Aus diesen Gründen verwendet man sie heute kaum noch - außer wenn eine extrem lange Brennweite bei noch akzeptabler Lichtstärke benötigt wird, und das Objektiv noch einigermaßen bezahlbar sein soll.
Ein lichtstarkes 85-mm-Objektiv gilt als das Portraitobjektiv schlechthin, aber auch lichtstarke Objektive mit 100 und 135 mm kann man sehr gut als Porttraitobjektiv verwenden. Bei hoher Lichtstärke versinkt der Hintergrund in Unschärfe, so daß er nicht vom Motiv ablenkt. Alle längeren Brennweiten verwendet man vorzugsweise, um das Motiv größer abzubilden, weil man nicht näher herankommt und dadurch kein Objektiv mit kürzerer Brennweite verwenden kann. Typische Einsatzgebiete sind die Sportfotografie und die Fotografie von freilebenden Tieren.
Je größer die Brennweite eines Objektivs ist, desto geringer ist bei gleichbleibender Lichtstärke die Schärfentiefe. Vor allem bei lichtstarken, längerbrennweitigen Objektiven ist der Schärfentiefebereich extrem gering. Man muß daher sehr genau fokusieren und zudem genau überlegen, auf was man scharfstellt. Bei Portraits kann es sehr gut sein, daß man bei voll geöffneter Blende nicht Nase und Ohren gleichzeitig scharf abbilden kann. Wenn Sie nicht abblenden wollen, sollten sie unbedingt auf die Augen scharfstellen, weil unscharf abgebildete Augen wie tot aussehen. Dies gilt auch für Tieraufnahmen. Oft ist es sinnvoll, voll aufgeblendet mit geringer Schärfentiefe zu fotografieren, statt sich durch das Abblenden und die damit verbundene Verlängerung der Belichtungszeit Bewegungsunschärfe und/oder Verwackler einzuhandeln.
Die Lichtstärke eines Objektivs ist definiert als optisch wirksamer Durchmesser dividiert durch die Brennweite. Bei Teleobjektiven wird der optisch wirksame Durchmesser im wesentlichen durch die Frontlinse bestimmt. Für Lichtstärke 1:2,8 ist bei einem 100-mm-Objektiv ein Frontlinsendurchmesser von ungefähr 36 mm erforderlich, bei einem 200-mm-Objektiv bereits 72 mm und bei einem 400-mm-Objektiv riesige 144 mm. Solch' große Linsen sind stark überproportional teurer als kleinere Linsen. Für noch einigermaßen bezahlbare Teleobjektive ist daher der Durchmesser der Frontlinse aus Kostengründen limitiert. Dadurch nimmt die Lichtstärke bei größerer Brennweite ab. Ein Objektiv 4,0/300mm oder 6,3/500mm gilt daher schon als einigermaßen lichtstark. Für wirklich lichtstarke Objektive wie z.B. ein 2,8/300mm muß man deutlich vierstellige Eurobeträge hinlegen.
Die objektiv gesehen geringe Lichtstärke bedingt eine relativ lange Verschlußzeit. Dies wiegt umso schwerer, als gemäß Faustregel nur bei 1 : Brennweite (in Sekunden) einigermaßen verwacklungsfreie Aufnahmen aus der Hand gelingen. Bei 400 mm Brennweite sind das 1/400 s, was bei Blende 5,6 und im leichten Schatten liegenden Motiven auch bei hellem Sonnenschein nicht erreicht wird. Ab ca. 300 mm kann man normalerweise nur noch mit Stativ oder höchstempfindlichen Filmen fotografieren.
Ein durch Fotomagazine bestätigter Geheimtip sind die sehr preiswerten, sogenannten "Wuntertüten", die ursprünglich unter der Marke Beroflex angeboten wurden. Absolut baugleich sind bzw. waren sie zusätzlich unter vielen anderen Markennamen erhältlich, und zwar als 5,6/300mm, 6,3/400mm und 8,0/500mm. Diese Objektive sind zwar nicht sehr lichtstark und beinahe so lang wie ihre Brennweite, aber ihre Bildqualität ist sehr hoch. Die Streulichtempfindlichkeit ist aufgrund der geringen Linsenzahl von 4 Stück gering. Sie besitzen kameraseitig einen T2-Anschluß, so daß man sie mittels eines T2-Adapters an nahezu jeder Spiegelreflexkamera verwenden kann; die Entfernungseinstellung erfolgt selbstverständlich manuell. Das T2-Adaptersystem verfügt nicht über Übertragungmechanismen für ein Springblende. Bei den Objektiven konnte man daher auf diese Funktionalität verzichten, was einer der Gründe für ihren niedrigen Preis ist. Der Nachteil ist, daß man nach dem Einstellen der Entfernung die Blende manuell auf den gewünschten Wert schließen muß, bevor man die Aufnahme macht. In der Praxis ist dies in den meisten Fällen jedoch irrelevant, da man nur in den seltensten Fällen abblenden wird, weil die Lichtstärke nicht gerade berauschend hoch ist. Zur Verbesserung der Bildqualität ist dies zudem auch nicht erforderlich. Der größte Vorteil neben der sehr guten Bildqualität, die man sich durch die relativ lange Bauweise erkauft, ist der niedrige Preis. Neu kostet das 500er inzwischen leider bereits über 100 Euro, die kürzeren Brennweiten etwas weniger, sofern man sie überhaupt noch neu als Restbestand erhält. Ein großer Nachteil sei nicht verschwiegen: Wie bei allen relativ lichtschwachen Objektiven ist das Sucherbild nicht sehr hell. Zudem ist fast immer eine Seite des Schnittbildindikators abgedunkelt, d.h. dieses Hilfsmittel zur präzisen Entfernungseinstellung ist nur bei hellstem Sonnenschein verwendbar. Es ist dadurch relativ schwierig, die korrekte Entfernung einzustellen. Bild 3: Beroflex "Wundertüte" 8,0/500mm Diese wie auch andere Teleobjektive sollten Sie jedoch nicht neu sondern gebraucht kaufen. Wegen der üblicherweise günstigen Preise bietet sich auch hierfür eine Online-Auktion an. Für Gebrauchtkäufer ist wichtig zu wissen, daß der reguläre Preis der in großen Stückzahlen hergestellten "Wundertüten" incl. Köcher zuerst bei 90 Euro (179 DM) lag und im Laufe der Zeit bis auf 50 Euro (99 DM) sank (500-mm-Objektiv). Die kürzeren Brennweiten waren noch etwas günstiger. Mehr als 25 Euro Gebrauchtpreis sind daher übertrieben, auch wenn einige Bieter, die die überraschend niedrigen ehemaligen Neupreise und die Funktionseinschränkungen (z.B. keine Springblende) nicht kennen, manchmal deutlich mehr bezahlen. Kleine Anekdote am Rande: In einer der von mir beobachteten Auktionen ging ein 400er aus dieser Serie für etwas mehr als 180 Euro über den Tisch, was deutlich mehr als dem doppelten Neupreis entspricht.
Diese Teleobjektive erscheinen in natura eher lang und dünn und wirken dadurch nicht gerade "profimäßig", was dazu führt, daß sie nicht gerade ein Objekt der Begierde sondern eher ein Objekt der Vernunft darstellen. Die Nachfrage hält sich daher in Grenzen. Speziell von gewerblichen Anbietern werden diese Objektive daher gern mit Weitwinkelobjektiven fotografiert, wodurch die Frontlinse überproportional groß dargestellt wird und damit auf dem Foto optisch einem teuren "Profi"-Objektiv näherkommt. In der Realität sieht das Objektiv jedoch nach wie vor so aus wie in Bild 3. |